Königstraße 42, Küselsches Palais, 1752 (Metzger) Einsiedelstr.10, Das Küselsche Gartenpalais (Foto: Wilde) Reste einer Raumdekoration im Haus
Einsiedelstraße 4 vor dem Holstentor, verkauft an
die Hansestadt bei Abbruch der Villa, verbrannt
1942 im Schabbelhaus. (Foto: Fotoarchiv HL)
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Stadtgesellschaft und Malereibefund
1. Das Innere der Häuser wurde zu allen Zeiten mit Wand- und Deckenmalereien ausgeschmückt. Auch finden wir Malereien in jeder Straße, in jedem Stadtteil, in jeder Berufsgruppe, aus allen Gruppen von Bürgern. Das Bedürfnis, Räume im Inneren mit Malereien, selbst mit ganz einfachen Dekoren auszuschmücken, zieht sich durch den gesamten Überlieferungszeitraum und ist weder ein wirtschaftliches noch ein soziales Exklusivphänomen.
2. Es gibt überlieferungsbedingte Lücken in unserer Sammlung: kurzlebiges Trägermaterial wie etwa Lehmschlag ist kaum vertreten gegenüber Holz. Bestimmte Haustypen, die von Armen bewohnt wurden, wie etwa Wohnsäle, sind häufig schon um 1900 abgerissen worden.
3. Wir finden qualitativ hochwertige Malereien in kleinen Häusern in Nebenstraßen, jeweils nach dreißig Jahren übermalt. Ein Beispiel dafür ist das Haus Hundestraße 47, das innerhalb von 100 Jahren dreimal neu ausgemalt wurde, wie an drei übereinanderliegenden datierbaren Malschichten immer der gleichen Decke festzustellen.
4. Malereien der Zeit von 1300 bis 1800 sind am dichtesten überliefert in den großen Giebelhäusern mit Seitenflügeln in der unteren Mengstraße. Dort lebten überwiegend aktive Kaufleute, aber nur wenige Mitglieder der Führungsgruppen, wie Ratsherren, Juncker oder Juristen. In diesen Häusern wurden hochwertige und schlichte Ausstattungen gefunden. Wir haben durch kriegsbedingten Verlust keine solide Vergleichsmöglichkeit mit den Ausstattungen in den anderen Kaufleutehäusern in der Alf-, Fisch- und Braunstraße. Überliefert haben sich von dort jedoch herausragende Einzelstücke. Allein die wenigen noch erhaltenen Häuser in der unteren Mengstraße bergen etwa zehn Prozent aller erhaltenen Malschichten, etwa 160. Damit ist indirekt belegt, in welcher Dichte Ausstattungen dieser tragenden Gesellschaftsschicht vorhanden gewesen sein werden.
5. In den repräsentativen Wohnlagen rund um die Jakobikirche, am Markt, am Klingenberg oder rund um die Aegidienstraße finden sich auch hochwertige und außergewöhnliche Ausstattungen, aber nicht in Häufung oder regelmäßig. Es lässt sich überlieferungsbedingt kein einfacher Zusammenhang zwischen materiellem Reichtum, sozialer Ausnahmestellung und Malereiausstattung nachweisen, etwa in dem Sinne: wo Geld und Status wohnen, da wird auch an Prunk und Protz nicht gespart.
6. Die ökonomische, soziale und kulturelle Spitzengruppe der Gesellschaft, die bis 1669 den Senat mit 13:3 Mitgliedern auch politisch majorisierte, die sogenannten Patrizier, Juncker oder Zirkelbrüder, sind in unserem Bestand nur schwach vertreten. Ihre palastartigen Wohnanlagen in der Stadt, der Lüneburgsche, später Brömbsesche Hof in der Beckergrube (seit 1751 Schauspiel-, Konzert und Opernhaus) das Küselsche Palais in der Königstraße 42, das Stadtpalais Königstraße 1, die Bernstorffsche Kurie am Koberg, die lange Zeit ebenfalls als Theater diente sowie der Fürstenhof in der Schildstraße, um nur die bekanntesten zu nennen, sind verloren gegangen, ohne Dokumente ihres Innenlebens zu hinterlassen. Die baulichen Relikte der vor den Mauern der Stadt liegenden Herren-, Guts- und Gartenhäuser dieser Gesellschaftsgruppe sind mehrheitlich überformt, zeigen aber im Einzelfall herausragende Befunde, wie etwa eine Ganzraumausstattung im Haus Einsiedelstraße 4 vor dem Holstentor, die um 1900 von der Stadt angekauft und im alten Schabbelhaus gezeigt wurde.
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